Geburtseinleitung mit Cytotec und anderen Methoden

Hintergrund und Fragestellung

Die Geburtseinleitung ist in allen Industrienationen eine häufig angewandte Intervention. Sie wird mit und ohne medizinische Indikation eingesetzt. Potenzielle Vor- und Nachteile, Indikationen, Risiken und Einleitungsmethoden werden in der Fachwelt kontinuierlich weiter erforscht und diskutiert 1–5.   

Es gibt unterschiedliche Methoden zur Einleitung. Zu den mechanischen Methoden gehören die Eipollösung und die Dilatation der Zervix mit Laminaria oder einem Ballonkatheter 6–8.  Als komplementärmedizinische Methoden kommen besonders die Homöopathie, Akupunktur und Phytotherapeutika zum Einsatz 9–12. Die eingesetzten Medikamente, die zur Geburtseinleitung verwendet werden, sind gut erforscht. Etliche randomisierte Studien liegen zu den am häufigsten verwendeten Wirkstoffen Oxytocin, Dinoprostone (Prostaglandin E2) und Misoprostol vor 13–15. In einer aktuellen Übersichtsarbeit schlussfolgern die meisten Autoren, dass Misoprostol – obwohl es in den  meisten Ländern für die Geburtseinleitung nicht zugelassen ist- wegen seines geringen Preises, der Einfachheit der Anwendung und der unkomplizierten Lagerung vermutlich eine vernünftiges Mittel der Wahl darstellt, da es im Wirk- und im Risikoprofil dem teureren Dinoproston ebenbürtig ist. 4,16.  In der Literatur tauchen allerdings immer wieder Einzelfallberichte auf, in denen von Uterusrupturen gekommen ist 17–22. Auch uterine Überstimulation, Fruchtwasserembolien und fetaler Sauerstoffmangel werden als mögliche Nebenwirkungen diskutiert, allerdings aufgrund der off-label Einsatzes nicht systematisch erfasst 21,23–27.  

Die Erfahrungen schwangerer und gebärender Frauen mit einer Geburtseinleitung sind weniger gut untersucht  28–30.

In Deutschland betrug im Jahr 2013 die Rate an Geburtseinleitungen 22%. Die häufigsten Gründe für die Einleitung waren die Terminüberschreitung (32.6%) und der Blasensprung ohne Wehen (24.0%), gefolgt von medizinischen Indikationen (Präeklampsie, Plazentainsuffizienz und intrauteriner Fruchttod).  Insgesamt wurde die Geburt bei 144,807 Frauen eingeleitet, bei den meisten (98.6%) mit Medikamenten.  Ihre Erfahrungen und Ansichten zur Einleitung sind in Deutschland bisher nicht systematisch untersucht worden.

Methode

Wir erstellten je einen Ultrakurzfragebogen (Anlage) mit 10 offenen und geschlossenen Fragen zur Geburtseinleitung für Hebammen und für Frauen die eine Geburtseinleitung erlebt haben. Der Weblink wurde per mail an die Landesverbände des Berufsverbands der Hebammen verschickt, und von dort weiter an die Mitglieder.  Die Freischaltung begann für die Hebammen am 21.1.2015 und für die Frauen am 26.1.2015. Hebammen waren eingeladen, den Link an ihre aktuellen oder früheren Klientinnen weiterzugeben.

Geschlossene Fragen werden über Surveymonkey, Excel und mit SPSS Version 20 ausgewertet. Textantworten werden mittels Inhaltsanalyse nach Mayring codiert und mit MAQDA Version 10 analysiert.

Ergebnisse

Wir erhielten innerhalb von sechs Wochen 30 Antworten von Hebammen/ geburtshilflichen Teams und 698 vollständig ausgefüllte Fragebögen von Frauen, wobei der Großteil innerhalb der ersten zehn Tage nach Öffnung der Umfrage einging. 

In einem ersten groben Überblick über die Ergebnisse berichten die meisten Hebammen von guten Erfahrungen mit Einleitungen, insbesondere mit Misoprostol. Allerdings sind die Dosierungs- und Anwendungsschemata sehr heterogen. Die Berichte der Frauen  sind komplex. Viele berichten von Defiziten in Beratung und Aufklärung.  Aufgrund des Designs der Umfrage kann nicht von einer Repräsentativität der Ergebnisse ausgegangen werden. Allerdings entsprechen die von den Frauen angegebenen Indikationen zur Einleitung und das Gestationsalter bei Einleitung sowie die eingesetzten Methoden relativ genau dem Profil des Bundeskollektivs 2013. Eine gewisse allgemeine Gültigkeit der Daten kann also angenommen werden.

 

Genaue Analysen des Materials stehen aus.

Erwarteter Nutzen der Untersuchung

Die vorläufigen Ergebnisse der Hebammenbefragung entsprechen einer aktuellen Studie der DGGG. Der Mehrwert unserer Daten könnte in der Einschätzung der Fachfrauen liegen, die sich in den Textantworten ausdrückt. Dazu wird eine sehr heterogene Anwendung insbesondere von Misoprostol deutlich; dieses Ergebnis kann von Interesse für den klinischen Alltag sein. Ein ähnliches Ergebnis stellten Voigt et al. in einer aktuellen Umfrage der DGGG zur Geburtseinleitung mit Misoprostol in Deutschland und der Schweiz fest 31.

Die Befragung der Frauen zeigt bislang einige wenig erforschte Aspekte von Geburtseinleitung auf, nämlich patientenrelevante Outcomes (beispielsweise Geburtsdauer) und subjektive Erfahrungen. Hier scheinen sich neue Erkenntnisse zu Wünschen und Bedürfnissen schwangere Frauen zu zeigen. Diese beziehen sich auf Beratungsbedarf, Partizipation und dem Wunsch nach komplementärmedizinscher  Behandlung.

Eine ausführliche Analyse und Publikation der Ergebnisse ist in diesem Licht wünschenswert.

 

 

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Hebamme Prof. Dr. Christiane Schwarz. Praktikerin, Lehrerin, Forscherin, Autorin